Es ist lange her, dass ich zuletzt unter Anleitung gemalt habe. Damals war ich 13 Jahre alt und mit meiner besten Freundin bei einer polnischen Künstlerin "in der Lehre". Zugegeben, eigene Kreativität war damals nicht viel im Spiel, ich kopierte einfach was meine begabte Freundin auf die Leinwand brachte. Dies aber immerhin so gut, dass einzelne Meisterwerke aus dieser Zeit bis heute bei meinen Eltern im Treppenhaus hängen. Grund genug also, mein Talent Jahrzehnte später erneut auf die Probe zu stellen – und zwar bei einer Mal-Party.
Die Idee, an einer solchen Party teilzunehmen, kam durch eine Kundin. Seit September 2018 führt Jeannette Linkenbach in Frankfurt Ginnheim das Painting Partys Studio. Hier kann man mehrmals die Woche den Pinsel schwingen und gemeinsam mit Anderen ein zuvor ausgewähltes Bild malen. Ich habe mir für die Reise in meine künstlerische Vergangenheit das Motiv Graffiti-Bridge ausgesucht – der Eiserne Steg vor der Frankfurter Skyline. Zusammen mit mir trauen sich an diesem lauen Freitagabend fünf weitere Frauen und ein Mann an die Staffelei. Wie das fertige Gemälde am Ende aussehen soll, sehen wir an der Wand über Jeanettes Künstler-Podest. Die weiße Leinwand vor mir lässt mich allerdings zweifeln, ob mir das gelingen wird. Nun gut, Schürze an und frisch ans Werk.
Um uns aufzulockern, dreht Jeanette die Musik auf – 90er Jahre Mitsing-Mucke. Das hilft schonmal. Dann bekommen wir einen Pappteller mit allen Farben, die wir für unser Bild brauchen. Es folgt der erste Pinselstrich. Ist gar nicht so schlimm. Jeanette zeigt uns genau, wie und wo wir die Farbe auftragen sollen. Ich luge heimlich auf die Leinwände links und rechts neben mir. Jeder von uns hat seinen ganz eigenen Stil. Das ist wahrscheinlich ähnlich wie bei einer Handschrift.
30 Minuten später ist die Grundierung geschafft, jetzt kommt die Feinarbeit. Mittlerweile bin ich hochkonzentriert. Für Gespräche mit meinen Nachbarinnen oder Tanzeinlagen, zu denen Jeanette uns animiert, finde ich kaum Zeit. Nur ab und zu summe ich leise Songs von Take That oder den Fugees mit. Die Skyline, die wir von Hand mit Kreide aufmalen und dann negativ als türkis-blauen Himmel ausmalen, erfordert eine ruhige Hand. Ich schaue auf die Uhr – schon eineinhalb von zwei Stunden sind rum. Am liebsten würde ich noch zwei Stunden dranhängen. Jetzt kommt der Eiserne Steg. Wir sollen die Farbe in Tropfen nach unten laufen lassen. Gar nicht so einfach. Wir helfen mit vorsichtigem Pusten nach. Fast fertig. Jetzt kommt mein Highlight: Wer will, darf seinem Kunstwerk noch mit Farbspritzern à la Jackson Pollock den letzten Schliff geben.
Inzwischen ist es Viertel vor Zehn. Eigentlich dauern die Partys nur zwei Stunden, aber das klappt so gut wie nie, sagt Jeanette. Sie nimmt's gelassen und räumt die benutzen Pinsel und bunt gefärbten Wasserbecher weg. Mein Meisterwerk wird noch geföhnt, damit ich es sicher und trocken nach Hause transportieren kann. Geschafft! Ich bin ein bisschen stolz auf mich und weiß auch schon wem ich mein Bild schenke: Meine Eltern finden im Treppenhaus sicher noch ein schönes Plätzchen dafür.
Wer Lust auf eine Painting Party in Frankfurt oder Köln hat, findet alle Termine und Infos unter www.paintingpartys.de
Bildquelle: 5598375 @pixabay.com
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