Eine Vernissage ohne Sekt ist wie Kino ohne Popcorn. Dieses unbestreitbar passende Bündnis von Kunst und Alkohol hat auch die Getränkeindustrie entdeckt. In den letzten Jahren überraschen die Hersteller von zumeist hochprozentigen Alkoholika ihre Kunden immer öfter mit Flaschen in limitierten Künstler-Designs und Sondereditionen.
In diesem kleinen Blogartikel sollen einige dieser Kunst-Kooperationen vorgestellt werden. Und natürlich stellen wir auch die Frage "Wem bringt es was, und warum?".
Vorreiter der Kunst-auf Flasche-Idee ist der schwedische Spirituosen-Hersteller Absolut Vodka. Bereits im Jahre 1986 beauftragte die Wodkamarke den Pop-Art-Superstar Andy Warhol, ein Porträt der Absolut Flasche für eine Werbung zu malen.
Der weltweite Erfolg der „Absolut Warhol“-Kampagne setzte den Startschuss für zahlreiche Kooperationen der Kultmarke mit internationalen Künstlern, die bis heute Flaschendesigns und -porträts beisteuern. Darunter bekannte Namen wie Keith Haring, Ed Ruscha, Sylvie Fleury, Damian Hirst, Annie Leibovitz oder David Shrigley.
Insgesamt umfasst die "Absolut Art Collection", die im Spritmuseum in Stockholm zu bewundern ist, ca. 850 Bilder. Seit 2009 wird zudem der "Absolut Art Award" an junge Künstler verliehen, seit 2015 kann man über die Seite absolutart.com Kunst online shoppen.
Die gemalte "Absolut Warhol"-Flasche – das Original hängt in den National Galleries of Scotland – gibt es aktuell übrigens als Hommage an den Künstler in einer limitierten Sonderedition zu kaufen.
Die ikonische Farbgestaltung von Andy Warhols Werken inspirierte 2010 auch das Champagnerhaus Dom Pérignon zu einer künstlerischen Sonderauflage. Der französische Hersteller der Luxusbrause arbeitet seit einigen Jahren mit kreativen Köpfen zusammen, u. a. mit Björk, Karl Lagerfeld und David Lynch, um seine neuen Jahrgänge stilgerecht in Szene zu setzten. Mit der "Andy Warhol"-Kollektion wurde zum ersten Mal einem Maler Tribut gezollt. Gestaltet wurden die Etiketten und die Verpackung der drei Sonderflaschen durch das Design Laboratory der Central Saint Martins School of Art & Design.
Als Nachfolger der Warhol-Edition durfte mit Jeff Koons dann erstmals eine zeitgenössische Kunst-Ikone ein Art Piece für Dom Pérignon entwerfen. 2013 konnten sich finanzstarke Kunden die "Balloon Venus"-Edition, eine babygroße Version der "Venus"-Skulptur von 2012, als Mini-Kunstwerk inklusive Vintage Jahrgangschampagner nach Hause holen. Dazu gab es eine auf 650 Flaschen limitierte Auflage des Rosé Vintage in schwarz-rosa; im Jahr darauf entwarf Koons ein entsprechendes Design in schwarz-gelb.
Seit 2010 reiht sich auch der französische Cognac-Hersteller Hennessy ein in den Reigen der hochprozentigen Künstlerfreunde. Das französische Prestigelabel bringt mit der "Hennessy Very Special Limited Edition" jährlich eine limitierte Sammlerflasche im Design eines zeitgenössischen Künstlers auf den Markt.
Nach Kooperationen mit Kesh und David Burrows, Kaws, Futura 2000, Os Gemeos und Shepard Fairey durfte 2015 der Amerikaner Ryan McGinness dem Cognac zum 250. Geburtstag ein neues Gesicht verleihen. Das Ergebnis ist ein elegantes Etikett aus geschwungenen, farbigen Linien, die im Schwarzlicht einen aufregenden Effekt erzeugen.
Ähnlich engagiert wie Absolut und Hennessy widmet sich auch die Agavenbrand-Marke 1800 Tequila der Inszenierung von zeitgenössischen Künstler-Designs. Die „Essential Artists”-Edition zeigt in bisher sieben Auflagen Werke von unterschiedlichen Kreativen wie Shepard Fairey oder Gary Baseman. Insgesamt durften bis 2013 fast 40 Künstler die limitierten Tequilaflaschen verzieren.
Die sechste Serie der Sonderedition widmete der Spirituosen-Hersteller mit sechs Flaschen allerdings komplett dem verstorbenen Künstler Jean-Michel Basquiat (s. Bild unten). Die aktuelle 2015er Serie zeigt auf ebenfalls sechs Flaschen Gemälde von Pop-Art-Ikone Keith Haring.
Erste Schritte im Bereich der Designflasche geht seit letztem Jahr auch die Whisky-Destillerie Ballantine's. Die Schotten ließen sich zwei Geschenkdosen und einen Flaschenmantel vom allseits beliebten Künstler Leif Podhajsky kreieren. Das Design des in London lebenden Australiers soll die raue, unberührte Natur Schottlands darstellen.
Mehr als konsequent hat die Idee des Künstlerschnapses übrigens die niederländische Destillerie Dirkzwager umgesetzt. Der Hersteller von Spirituosen hat gleich eine komplette Marke einem einzigen Künstler gewidmet. Die Etiketten des Van Gogh Vodkas (inzwischen gibt es auch eine entsprechende Gin-Marke) zieren je nach Geschmacksrichtung unterschiedliche Gemälde, die der Künstler George W. Miller in Anlehnung an die Werke des großen, niederländischen Meisters entworfen hat.
Wie die Beispiele zeigen, sind Kunst-Kooperationen im hochpreisigen Alkohol-Segment also keine Seltenheit mehr. Aber auch für den gewöhnlichen Biertrinker haben kunstbegeisterte Hersteller in die Designkiste gegriffen. So kann man in Portugal seit 2015 beispielsweise Dosenbier der Marke Sagres mit Werken der renommierten, einheimischen Künstlerin Joana Vasconcelos kaufen. Die limitierte Auflage umfasst zehn verschiedene Dosenmotive, die jeweils eine Region Portugals künstlerisch verewigen.
Dass auch wir Deutschen etwas von Kunst verstehen, beweist das Traditionsunternehmen Warsteiner. In den Jahren 2013 und 2014 brachte die Brauerei mit der "Warsteiner Art Collection" jeweils sechs schicke Sammlerflaschen aus Aluminium auf den Markt. Die limitierten Kollektionen wurden von jeweils sechs internationalen, zeitgenössischen Kreativen gestaltet, u. a. Ron English, James Jean, Brooke Reidt und Stefan Strumbel .
Die Designerflaschen gab es als Add-on beim Kauf eines Kastens Warsteiner gratis dazu.
Unter dem Motto "Kann man Kunst schmecken" ist seit diesem Monat eine limitierte Sonderedition der Sektkellerei Mumm im Handel erhältlich. Die vom spanischen Künstler Alex Trochut gestalteten Flaschen im Tropfen-Look konnten im letzten Herbst schon auf der ART.FAIR in Köln bewundert werden, begleitet von einer interaktiven Installation.
Für Mumm ist es bereits die zweite Künstler-Kooperation. 2014 durfte die österreichische Fashion-Illustratorin Anja Kroencke der Sektmarke ein neues Verpackungsdesign verleihen.
Die Frage wer von diesen Kooperationen profitiert ist eigentlich einfach zu beantworten: ALLE!
In unserer konsumgetriebenen Zeit müssen sich Unternehmen immer wieder Besonderes einfallen lassen, um die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen. Die Entdeckung von Kunst als Marketing-Tool passt dabei hervorragend in die heutige stark visuell geprägte Kommunikationsstruktur.
Je bekannter ein Künstler ist, desto größer ist die Strahlkraft für ein Unternehmen. Im Prinzip sind diese Künstler-Kooperationen vergleichbar mit Testimonial-Werbung wie wir sie vor allem mit Sportlern, Musikern und Schauspielern kennen. Die Kunst-Prominenten helfen den Marken, ein bestimmtes Image zu vermitteln, die jeweilige Fan-Gemeinde hilft fleißig mit.
Umgekehrt ist die Zusammenarbeit mit großen Firmen für viele Künstler aber auch eine Chance, die eigene Bekanntheit zu steigern und somit den Verkauf von Kunstwerken anzukurbeln. Absolut Vodka geht diesen Weg mit Kunst-Shop und Award-Verleihung besonders konsequent. Hierbei spielt das Thema CSR (Corporate Social Responsibility) durchaus eine Rolle. Die Förderung von Kunst gilt als gesellschaftliche Verantwortung. Ein Unternehmen, das sich in diesem Bereich engagiert - ob Ernst gemeint oder marketing-strategisch motiviert sei dahin gestellt - wird in der Öffentlichkeit positiv bewertet.
Für uns Verbraucher, last but not least, sind diese Künstler-Kooperationen natürlich ebenfalls toll. Ein bisschen bezahlbare Kunst für zu Hause erfreut die Gemüter. Das ist ähnlich den Designer-Kollektionen, die H&M in regelmäßigen Abständen veröffentlicht. Jeder will ein Stück davon haben. Hinzu kommt der natürliche menschliche Sammeltrieb - ein Marketing-Clou, der immer wieder erfolgreich eingesetzt wird. Die vorgestellten limitierten Art Collections reihen sich hier mühelos ein.
Also, erheben wir die Gläser - ein Prosit auf die Kunst!!
... zum Thema gibt's auf der Pinnwand Boozed Art.
» EIN HÜBSCHES PAAR: MODE UND KUNST
» MARKETING-KOOPERATIONEN FÜR KULTURBETRIEBE (1): VORTEILE & ZIELE
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Schwalbe (Freitag, 19 Februar 2016 15:24)
Hier erfährt man, dass Kunst nicht nur im Museum hängen muss.
Mit ein wenig Fantasie und Lust am Experimentieren kommt sie mitten in unseren Alltag
und können uns tagtäglich erfreuen.
Man kann nur hoffen, dass noch mehr Unternehmen diese Ideen aufgreifen.
Es grüßt die Schwalbe